Donnerstag, 22. Januar 2015

Eis und heiß

Fast alle Passagiere, die zu uns an Bord kommen kennen Deception Island. Na ja, "kennen" ist zu viel gesagt. Sie kennen den Namen und wollen unbedingt hin.
Erstaunt sind die Passagiere dann oft, wenn wir in die Caldera von Deception hineinfahren, und sie per Durchsage erfahren, daß wir gerade in einen aktiven Vulkan hineinfahren. Da brodelt zwar kein Lavasee, aber an ein paar Stellen dampft es aus dem Boden. Da steigt heißes Wasser aus großer Tiefe bis an die Oberfläche auf. Auch gibt es ein paar Stellen mit Fumarolen. Das sind schwefelige Gasaustritte aus dem Boden.

In Whalers Bay, Deception Island, dampft der Boden.

Vulkan hautnah. Schwefelgeruch beißt empfindliche Nasen.

Im Untergrund des Vulkans baut sich Magmadruck auf, wodurch der etwa 180 Meter tief unter dem Meeresspiegel liegende Boden der Caldera bis zu 30 Zentimeter pro Jahr angehoben wird.
Die Caldera ist durch eine große vulkanische Explosion vor vermutlich 10.000 Jahren entstanden. In deren Folge ist der zentrale Teil des Vulkans an sich kreuzenden Störungssystemen abgesunken. Rund sechs mal neun Kilometer mißt die Caldera, der verbliebene Vulkanring außen ist etwa 12 mal 14 Kilometer groß. Am Meeresboden hat Deception Island sogar einen Durchmesser von 30 Kilometer.

Caldera von Deception Island, mit der Durchfahrt
Neptun's Bellows im Hintergrund.

Im frühen 20. Jahrhundert war Deception eine Walfang-Hochburg. Tatsächlich auch so etwas wie eine Burg, denn innerhalb der Caldera ist es bei starken Stürmen, die über die South Shetland Inseln und die benachbarte Bransfield-Strait fegen, relativ ruhig - sobald man "Neptun's Bellows" (Neptuns Blasebalg), die windige schmale Durchfahrt zur Caldera, passiert hat. Die Passage ins Innere ist trügerisch. Unter anderem darauf bezieht sich der Name Deception. Nicht nur daß die Passage schmal ist. Sie ist tatsächlich sogar nur halb so schmal wie sie auf den ersten Blick aussieht. Mitten in der Einfahrt liegt ein Fels im Wasser, nur rund zwei Meter unter dem Meeresspiegel. Die verbleibende Hälfte ist beeindruckend eng, daß bei jeder Durchfahrt respektvolle Stille auf der Brücke herrscht. Außer den knappen Kommandos vom Kapitän an den Steuermann - "Two-Sixtyfive", "Two-Seventy", Gradzahlen für die Steuerung - sowie den Bestätigugen durch den Steuermann, ist nichts zu hören.

Die Zufahrt zur Caldera liegt versteckt und ist schmal.

In den frühen Walfangjahren, als nur der Blubber der Wale für die Ölproduktion genutzt wurde, trieben manchmal tausende abgezogene Walkadaver in der Caldera, die wiederum Millionen Vögel anlockten. Später wurde auch eine Landstation betrieben, in der die Walknochen und das Walfleisch gekocht wurden, um auch das darin befindliche Öl zu gewinnen.
Später, in den vierziger Jahren, wurde Deception als Standort für eine der Britischen Stationen des Tabarin-Projektes genutzt. Das Tabarin-Projekt hatte unter anderem die Sorge im Hintergrund, die Nazis könnten versuchen, die Antarktis zu besetzen.
Die britischen Aktivitäten endeten 1969, als eine vulkanische Explosion hinter der Station eine Schlammflut auslöste, die einmal quer durch das Hauptgebäude "Biscoe House" geflossen ist. Das Gebäude war nach einem explosiven Vulkanausbruch im Jahr davor gerade erst repariert worden.
Heute findet man Reste aus der Walfangzeit und von der britischen Station in der Whalers Bay. Jahr für Jahr kollabiert das Biscoe House ein Stückchen mehr.

Das Biscoe House gibt der Schneelast Jahr für Jahr ein bißchen mehr nach.
Winterstürme reißen hin und wieder eine Dachplanke mit sich.

Im Innern bersten Wände und Deckenkonstruktionen im Zeitlupentempo.

Eine Ascheflut ist von der Rückseite zur Vorderseite durch das
Gebäude geflossen und hat Teile der Außenwand mitgerissen.

Boiler aus der Walfängerzeit.

Wenn wir Deception Island besuchen bin ich oft am meisten von den Mustern fasziniert, die Schneeflecken und vulkanische Asche produzieren. Die folgende Auswahl der Fotos von Deception zeugt davon.















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